Moskau

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5617109
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Moskau

Beitrag von 5617109 »

Hallo Ihr Foristen!

Ich habe mir mal den Spaß erlaubt und einen kleinen Erlebnisbericht über meine vier Tage in Moskau geschrieben:

20.11.2008 Ankunft

Flug mit Blue Wings von Düsseldorf aus zu einer unchristlichen Zeit (5:50 Uhr). Das Flugzeug ist total leer und wir breiten uns auf den Sitzreihen aus. In 2,5 Stunden bringt uns die Maschine nach Moskau. Dort werden wir von unserem Freund Stephan abgeholt. Für die Strecke vom Flughafen zu seiner Wohnung (immerhin 40 km) benötigen wir weitere 2,5 Stunden und bekommen so gleich den richtigen Eindruck von dieser verrückten Stadt.
Nachdem wir kurz ausgepackt und ein zweites Frühstück eingenommen haben, geht es natürlich sofort auf Entdeckungstour. Als wir zum Gang durch die Gemeinde aufbrechen setzt heftiges Schneetreiben ein und verbreitet ein perfektes „Moskau-Feeling“. Dabei ist es nicht besonders kalt (-2°C). Wir nehmen die Metro zum Kreml.


Der vom Wind gepeitschte Schnee taucht den „Roten Platz“ in ein tolles Licht.

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Als das Wetter zu arg wird flüchten wir uns in das Kaufhaus „Gum“. Hier tropft die Dekadenz von Decke! Das KadeWe in Berlin oder Harrods in London ist ein Sch... dagegen.


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2 Stunden später verlassen wir, vom Prunk noch geblendet , die Stätte des Kapitalismus.
Uns knurrt so langsam der Magen. Wir entscheiden uns für den direkten Kontrast und gehen gegenüber vom KGB in die (inoffizielle) Kantine essen. Das Restaurant ist sehr skurril eingerichtet. An der Wand hängen alle Leiter des russischen Geheimdienstes (auch Putin grüßt von oben), Militäruniformen schmücken die Wände und die Toiletten sind mit Tarnnetzen ausgelegt. Dazu spielt ein Alleinunterhalter auf einer Elektroorgel russische Volkslieder (natürlich viel zu laut und viel zu schief). Es ist herrlich kitschig hier!
Nach einem kurzen Blick auf die Weinkarte bestellen wir uns eine Flasche Wodka und ein wenig Wasser zum Essen. Alles Andere wäre auch nicht stilecht.
Langsam lassen wir den Abend ausklingen und fallen um 3 Uhr Nachts todmüde in die Betten.

21.11.2008 Tretjakov

Auf Grund des gestrigen Gelages schlafen wir bis 10 Uhr. Dann gibt es ein sperrliches Frühstück und es geht weiter. Wir haben beschlossen uns die Tretjakov-Galerie zu besichtigen. Hierzu fahren wir erneut mit der Metro bis zur Christie-Erlöser-Kirche. Das Wetter ist ausgesprochen freundlich und mild, kein Vergleich zum gestrigen Tag.

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Ein Wort zur Metro: Vergesst Paris, vergesst London! Metrofahren in Moskau ist der Wahnsinn. Jede Haltestelle sieht anders aus alle sind von außergewöhnlicher architektonischer Schönheit. Es sind die Museen der einfachen Leute. Allein zum Metrofahren lohnt sich in Besuch in der Metropole.

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Die Tretjakov-Galerie (hier die alte) zeigt die russischen Klassiker des 12. bis 20 Jh. Nach drei Stunden Bilder-gucken tun uns die Füße und Augen weh und wir machen uns auf den Heimweg.
Abends sitzen wir gemeinsam bei Tisch und lassen die Eindrücke Revue passieren. Bei einem guten russischen Bier und dem ein oder anderen Wodka diskutieren, lachen und freuen uns einfach einen schönen Tag abschließen zu können.

22.11.2008 Markttag
Heute wollen wir die russischen Märkte kennen lernen. Auf dem Weg machen wir noch einen kleinen Abstecher in einen „Wodka-Outlet“ und decken uns entsprechend ein. Es gibt halt nichts, was es nicht gibt.

Weiter geht es zum Wochenmarkt. Wir tauchen ein in ein Meer von Farben und Gerüchen. Wir stehen vor den wahren Schätze des riesigen Landes. Man bekommt hier alles: Und wenn ich schreibe alles, dann meine ich auch alles. Vom ganzen Schwein, Seespinnen und Neunaugen über Obst und Gemüse, Gewürzen aus allen Regionen, bündelweise frische Kräuter bis hin zum schwarzen Kaviar unter der Ladentheke. Ich habe selten eine derartige Vielfalt und Menge an Ständen und Waren gesehen. Natürlich sind die hygienischen Bedingungen nicht mit den unsrigen zu vergleichen aber ich habe nicht den Eindruck gewonnen, dass nicht Wert auf qualitativ hochwertige Produkte gelegt wird. Wir kaufen reichlich ein, schließlich feiern wir heute eine größere Party.Leider durfte ich hier keine Fotos machen, lediglich zwei habe ich geschossen, dann aber aus Angst vor der harten sowjetischen Miliz meine Kamera eingepackt.


Am Nachmittag fahren wir mit der Metro zum Ismailowskij Park. Der dortige Touristen Markt bietet sehr gute Gelegenheiten um Souvenirs einzukaufen. Früher stellten hier junge russische Künstler ihre Bilder aus. Heute erhält man (zusätzlich) von der Matrjoschka bis zur Handgranate aus dem 2. Weltkrieg alles, was unter dem Weihnachtsbaum Eindruck schindet. Da ich die Kalaschnikov nicht zusammenfalten kann, entscheide ich mich für Christbaumschmuck in in Form der Basilius Kathedrale – nicht schön aber selten. Schwer beladen treten wir den Rückzug an, machen nur noch einmal Stop, um uns mit herrlichen Lamm-Kebaps zu stärken.

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An die Party am Abend habe ich nur noch rudimentäre Erinnerungen. Möchte hierzu nur einen kleines russisches Sprichwort anbringen: „Bier trinken ohne Wodka zu trinken, heißt Geld zum Fenster raus zu schmeißen!“

23.11.2008 Aua!

Mit schwerem Herzen und schmerzenden Köpfen, nehmen wir früh morgens Abschied von Russischen Hauptstadt. Es ist Sonntag und wir fahren innerhalb 40 Minuten zum Flughafen.

Fazit: Vier Tage Moskau sind nichts, aber sie machen neugierig. Es gibt hier so viel zu entdecken. Über vieles werden wir Westeuropäer den Kopf schütteln und die Nase rümpfen (z.B. über den Verkauf von Wolfs-, Robben- oder Bärenfell auf dem Markt). Vieles hat uns erstaunt und begeistert (Metro!), manches macht uns nachdenklich. Die ständige Präsenz der Miliz wirkt eher abschreckend, als dass sie einen sich sicher fühlen lässt.
Trotzdem werden wir im Sommer wieder hinfliegen. Moskau im Sommer soll ja ganz anders sein! :wink:

Beste Grüße
Dasvidania

Euer Philipp
Treffen sich zwei Planeten. Sagt der eine:"Ach Gott! Ich habe Homo Sapiens!", sagt der andere:"Och, das ist doch nicht schlimm.Das geht von alleine weg!"
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boldie
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Re: Moskau

Beitrag von boldie »

Schöner Bericht und tolle Fotos.

Danke Phillipp

LG

boldie
„Die Wahrheit ist unser wertvollstes Gut. Laßt uns sparsam mit ihr umgehen!“
Mark Twain
VoMa
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Re: Moskau

Beitrag von VoMa »

Ja, Moskau wollen wir auch noch besuchen und freuen uns daher sehr über den Reisebericht.
Wenn das mit dem großen Urlaub dieses Jahr nicht klappt, könnte man ja mal über ein paar Kurztrips nachdenken...

Ihr hattet ja den Vorteil dort Freunde zu haben, was sollten denn Individualreisende beachten?
Vorurteile gibt's ja reichlich, und danach geht ohne persönliche Schutztruppe ja gar nichts :wink:
Ich denke aber mal, es wird so sein wie in jeder Großstadt dieser Welt. Einfach ein paar Grundregeln beachten und den Urlaub genießen!?

Gruß
Volker
Guat goahn!
Volker
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boldie
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Re: Moskau

Beitrag von boldie »

VoMa hat geschrieben: ...
Ihr hattet ja den Vorteil dort Freunde zu haben, was sollten denn Individualreisende beachten?Vorurteile gibt's ja reichlich, und danach geht ohne persönliche Schutztruppe ja gar nichts :wink:
Ich denke aber mal, es wird so sein wie in jeder Großstadt dieser Welt. Einfach ein paar Grundregeln beachten und den Urlaub genießen!?

Gruß
Volker
Volker, Du wirst keine Probleme haben. Aus einer westfälischen Metropole in eine russische ... :mrgreen:
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Mark Twain
VoMa
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Re: Moskau

Beitrag von VoMa »

boldie hat geschrieben:
VoMa hat geschrieben: ...
Ihr hattet ja den Vorteil dort Freunde zu haben, was sollten denn Individualreisende beachten?Vorurteile gibt's ja reichlich, und danach geht ohne persönliche Schutztruppe ja gar nichts :wink:
Ich denke aber mal, es wird so sein wie in jeder Großstadt dieser Welt. Einfach ein paar Grundregeln beachten und den Urlaub genießen!?

Gruß
Volker
Volker, Du wirst keine Probleme haben. Aus einer westfälischen Metropole in eine russische ... :mrgreen:
Du hast recht Boldie, ich könnte in LP schon üben .... I)
Guat goahn!
Volker
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5617109
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Re: Moskau

Beitrag von 5617109 »

Es gibt wirklich einiges zu beachten:

Ganz wichtig: einen guten , Nein ,sehr guten Reiseführer mitnehmen, da man taub und blind ist. Du kannst nichts lesen und keiner versteht dich. So müssen sich kleine Kinder fühlen , die zum ersten mal Buchstaben sehen. U-Bahn fahren oder Busfahren wird zum Abenteuer. Wir haben die Stationen abgezählt, das hat auch mesistens funktioniert. Leider fuhr die U-Bahn einmal an einer Haltestelle durch, da sich diese im Umbau befand. Prompt sind wir eine Station später ausgestiegen. Das haben wir allerdings erst gemerkt, als wir bereits aus der Metro raus waren.
Niemals ohne Reisepass und die Einreisekarte aus dem Haus gehen. Kontrollen finden überall statt. Habt ihr keine kompletten Papiere dabei begeht ihr eine Ordnungswiedrigkeit. Was nicht weiter tragisch ist, da die normalen Strafen sehr gering sind - für Einheimische. Da ihr (wahrscheinlich) kein russisch sprecht kann es Euch passieren, dass ihr vor die Wahl gestellt werdet: 350,-€ Strafe oder einen Tag im russischen Knast. Ich würde in jedem Fall bezahlen. :wink:
Taxifahren kann Euch ebenfalls eine Menge Geld kosten, wenn ihr die Sprache nicht beherrscht. Es ist leider so, dass die meisten auf ihren persönlichen Gewinn aus sind.
Wenn ihr Euch einen Mietwagen nehmt, auf jeden Fall alle möglichen Fahrer eintragen. Selbst die Russen müssen das bei ihren Privatautos. Wenn du ein Auto dort kaufst, müssen alle potentiellen Fahrer eingetragen werden. Es ist also nicht so wie in Deutschland, dass jeder mit jedem Auto fahren darf.
Rechnet damit in Restaurants muffelig bedient zu werden. Bei uns veränderte sich erst die Grundhaltung uns gegenüber, als man merkte, dass einer russisch spricht. Wir haben Leute kennengelernt, die erst im 3. Restaurant bedient worden sind oder denen man in Geschäften nichts verkauft hat. Ich hoffe, dass das Ausnahmen gewesen sind. Wir haben sehr unterschiedliche Erfahrungen gemacht. In den Markthallen waren alle sehr freundlich. Das lag aber wohl daran, dass die Arbeiter dort ebenfalls Ausländer sind (Kaukasen, Aserbaidschaner, Georgier etc.). Diesen begegnet man nämlich von Seiten der Russen auch oft unfreundlich oder diskriminierend.
Wir hattn bei unserem Aufenthalt das große Glück, dass unser Freund Russland-Korrespondent beim Rundfunk ist und daher viele Tipps und Insiderinformationen für uns hatte. Abgesehen davon spricht er recht gut russisch.
Spannend wurde es immer erst dann, wenn er nicht dabei war. Aber auch das hatte seinen Reiz. Man muss halt vielen Situationen mit einer Prise Selbstironie und Gelassenheit begegnen. Und wenn man mal übers Ohr gehauen wird, dann gehörtdas einfach zum Touristenleben dazu! :D

Beste Grüße Philipp
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Carsten G.
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Registriert: 04 Feb 2004 12:29

Re: Moskau

Beitrag von Carsten G. »

Hallo Philipp,

Moskau scheint ja auch im Winter seinen Reiz zu haben - schöne Fotos!

Ich war anno 1996 einmal da, damals Ende Juni. Es wird dann erst gegen 1.00 Uhr dunkel und ist schwül-heiss. Noch mehr als die architektonische Gestaltung der U-Bahn-Stationen haben mich damals die Menschenmengen fasziniert, die sich dort hin- und herschieben. So ein Gewühl habe ich bisher nie wieder erlebt, nicht einmal im Teheran. Auf jeden Fall auch im Sommer zu empfehlen, es ist halt eine ganz andere Welt.

Damals gab es den schwarzen Kaviar noch in bestimmten Kaufhäusern zu kaufen, für aus heutiger Sicht lächerliche 200 DM für eine 500 g Dose. War von bester Qualität, was man von dem Zeugs, das sie auf den Märkten zu einem Bruchteil dieses Preises angeboten haben nicht behaupten konnte. Das war zwar auch echter Kaviar, aber so alt, dass er schon vertrocknet war. Aber immehin noch essbar. Qualität der Ware auf diesen Märkten war allgemein ziemlich schlecht. Oft Schimmel an der Ware und ähnliche Überraschungen. Aber die eisgekühlten Liter Dosen Faxe kamen bei 32 °C immer sehr gut...
Viele Grüße,

Carsten

"Ich hatte die Wahl zwischen scheinheiliger Demut und ehrlicher Arroganz; ich entschied mich für die Arroganz." (Frank Lloyd Wright)
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seybrew
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Re: Moskau

Beitrag von seybrew »

Vielen Dank für den Bericht und die schönen Fotos, Philipp.

Moskau gerne, irgendwann mal. Kommt für mich allerdings nur mit einem Führer in Frage. Schön, wenn man dort jemanden hat, der sich auskennt.
"Wie glücklich würde mancher leben, wenn er sich um anderer Leute Sachen so wenig bekümmerte, wie um die eigenen.”
Oscar Wilde
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bundyman
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Re: Moskau

Beitrag von bundyman »

5617109 hat geschrieben: Trotzdem werden wir im Sommer wieder hinfliegen. Moskau im Sommer soll ja ganz anders sein! :wink:
Vor allem waermer! ;)
Ansonsten war Moskau vor knapp 30 Jahren auch nicht so grossartig anders, als es heute zu seien scheint...
Einzig die riesigen Schlangen vor dem Lenin Mausoleum scheint es nicht mehr zu geben?
Schon gewaltig, aber auch irgendwie unheimlich, diese Stadt...
Schoener Bericht!
"Wenn ich aber zurückkomme, sperrt mich in eine Gummizelle,
denn dann bin ich echt verrückt."
[Al Bundy]
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Tramp
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Re: Moskau

Beitrag von Tramp »

bundyman hat geschrieben:Einzig die riesigen Schlangen vor dem Lenin Mausoleum scheint es nicht mehr zu geben?
:)
Und noch manch anderes Relikt vergangener Zeiten.

Die "Seele" Russlands hat mich schon immer begeistert, habe sie bisher aber nur rudimentär mitbekommen. Ein paar der schönsten Lieder die ich kenne, drücken diese Seele aus. Lieder von Bulat Okudshawa, dem zumindest im letzten Jahrhundert meist"kopierten" Künstler weltweit... (ich kenne da jemanden, der diese Lieder ins deutsche übersetzt hat, und auch einen Roman geschrieben hat. Sollte jemand daran ernsthaft interessiert sein, bitte pn).

Wird Mütterchen Russland ihre Seele behalten?

LG Tramp
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5617109
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Re: Moskau

Beitrag von 5617109 »

Danke für die netten Kommentare. Ich habe mir den Bericht gerade noch einmal durchgelesen. Bitte entschuldigt die vielen Rechtschreibfehler.
Ich habe den Text ohne Korrektur zu lesen getippt und war am Ende auch ziemlich müde. Ich hoffe er lässt sich nicht zu holprig lesen.

Ansonsten war es das jetzt mit meiner Unterwürfigkeit! 8)
Ich will ja nicht die peitschenschwingenden Dominas auf den Plan rufen! :lol:
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