Ich war damals 18 und mit meinem jüngeren Bruder Rolf unterwegs. Geplant war lediglich ein Besuch bei einer Familie in Wales. Die hatte uns ein Jahr zuvor während eines Sprachaufenthalts beherbergt.
Habt Nachsicht mit meiner damaligen Ausdrucksweise und mit meiner Sichtweise der Dinge.
Interrail mit Rolf
24.07. - 15.08.75
Do. 24.07.
Mutti hat uns zum Bahnhof nach Unterasbach gebracht. Der Zug ist um 8 Uhr 56 nach Nürnberg abgefahren. Gabi und Sylvia haben uns nach Nürnberg begleitet. Unser Zug nach Strasbourg ist um 9 Uhr 35 abgefahren. Richtig Reisefieber gehabt. Im Zug mit zwei Leuten gequatscht, die auch schon in Frankreich waren oder Interrail gemacht haben. In Kehl hat niemand nach dem Pass gefragt. Um 15 Uhr in Strasbourg angekommen. Geschaut, wann der nächste Zug nach Nancy fährt; um 16 Uhr 48. Wir hatten also eindreiviertel Stunden Zeit, um uns Strasbourg anzuschauen. Waren an der Place Kléber, sind durch die Rue des Grandes Arcades, waren an der Place Gutenberg, waren in und am Münster (ein Riesending), haben das schönste Fachwerkhaus Strasbourgs, das Kammerzellhaus, gesehen, und an der Place du Chateau waren wir auch.
Dann zum Bahnhof. Haben gerade noch zwei Plätze gekriegt. Um 18 Uhr sind wir in Nancy angekommen. Sind zuerst zur Place Stanislas. Dort hatten sie schon die Geräte zum „Spiel ohne Grenzen“, das am 29.07. stattfindet, aufgebaut. Haben uns das Rathaus angeschaut, die Gittertore aus vergoldetem Schmiedeeisen, den Triumphbogen, die Place de la Carrière; dann sind wir in den Park de la Pepinière. Dann über ein paar Umwege zum Bahnhof zurück. Dort etwas zu trinken gekauft und uns überlegt, was wir machen sollen. Da es keine Jugendherberge gibt, und wir auch nicht im Park schlafen konnten, beschlossen wir, nach Nizza zu fahren. Der Zug fuhr um 21 Uhr 36 ab. Hatten bis Nizza ein ganzes Abteil für uns alleine. Zum Schlafen sind wir aber nicht gekommen, bis auf ein oder zwei Stunden.
Fr. 25.07.
Ab Pierrelatte war es hell genug, daß man die Landschaft erkennen konnte. Einmalig. Um 9 Uhr 30 sind wir in Nizza angekommen. Haben uns erstmal einen Stadtplan gekauft, dann zum Meer runter und auf den Strand geflackt. Es hatte 36 Grad im Schatten. Um 18 Uhr sind wir wieder zum Bahnhof. Nachdem wir eine Weile gewartet hatten, wurde ein Schließfach frei, das groß genug für unsere Rucksäcke war. Wir nahmen nur die Schlafsäcke mit. Um 19 Uhr 30 sind wir ins Kino. Es lief: „Les 7 mercenaires“. Um 21 Uhr 30 war der Film zu Ende und wir sind zum Strand runter. Dort lagen schon ein paar andere in ihren Schlafsäcken und haben gepennt. Haben uns dazugelegt. Um ca. 0 Uhr eingeschlafen.
Sa. 26.07.
Um 2 Uhr haben uns Polizisten geweckt und gesagt, daß wir hier nicht schlafen dürften. Also sind wir 10 Meter weiter eine Treppe rauf auf die Uferpromenade und haben uns in Liegestühle gelegt. Ich habe dann noch einen kleinen Spaziergang gemacht und habe einen Brief geschrieben. Da gibt es um 3 Uhr nachts noch Restaurants, die stockvoll sind. Und auf der Uferpromenade war ein Mordsbetrieb. Um 7 Uhr aufgewacht. Sind noch bis kurz nach 8 Uhr dort geblieben. Dann zum Bahnhof. Zeug aus den Schließfächern geholt und nach Monaco gefahren. Um 10 Uhr in Monaco angekommen, zum Hafen runter. Haben uns dort auf eine Bank gesetzt. Bis 16 Uhr. Zwischendurch war ich mal am Spielkasino. Dann sind wir zum Schloß hochgelaufen. Ganz schöne Arbeit. Es ging ziemlich steil viele Treppen hoch. Im Schloßhof gerastet. Habe Fürst Rainier und die Caroline gesehen, als sie mit einem Mercedes aus dem Schloß fuhren. Haben bis 21 Uhr 30 dort oben gesessen. Habe mich etwa zwei Stunden mit einem deutschen Jungen unterhalten, der in Nizza einen Sprachkurs macht. Um 21 Uhr 30 fing ein Feuerwerk an. Hier findet nämlich im Augenblick die Internationale Meisterschaft im Feuerwerken statt. Heute war Spanien an der Reihe. Es hat eine halbe Stunde gedauert, war aber nicht so besonders. Danach zum Bahnhof. Habe mit zwei Finninnen geradebrecht. Bis 0 Uhr 8 auf den Zug nach Cannes gewartet.
So. 27.07.
Mit einem Bummelzug nach Cannes. Haben 1 ½ Stunden dafür gebraucht. Gleich am Bahnhof haben schon welche gepennt. Haben uns dazugelegt. War ziemlich hart auf dem Gehsteig, aber wir waren so müde, daß wir gleich eingeschlafen sind. Am Morgen um 5 Uhr aufgewacht, als sie die Bahnhofstüren aufgeschlossen haben. Sind zum Strand gelaufen. Dort eine Weile hin- und hergelaufen und dann auf eine Mauer gelegt und weitergeschlafen. Um 9 Uhr bin ich wieder aufgewacht. Den ganzen Tag gesonnt und kleine Spaziergänge gemacht. Um 17 Uhr 30 zum Bahnhof und dort auf den Zug nach Bordeaux gewartet. Während der Fahrt nur ein bißchen geschlafen.
Mo. 28.07.
So um 6 Uhr ist irgendwas am Zug kaputt gegangen. Er stand die ganze Zeit da rum, bis es um 7 Uhr dann weiterging. Um 8 Uhr 5 in Bordeaux angekommen. Am Bahnhof haben wir unsere Rucksäcke in einem Schließfach verstaut und sind dann durch die Stadt gelatscht. Waren in der Basilique St. Michel, am Theater, am Triumphbogen. Bordeaux ist keine schöne Stadt. [1981: Diesen Eindruck habe ich inzwischen nicht mehr]. Um 12 Uhr sind wir zum Bahnhof zurückgelaufen. Um 14 Uhr nach Biarritz. Dort um 16 Uhr 30 angekommen. Im Zug drei andere Deutsche kennengelernt. Sind in Biarritz gleich zum Strand runtergelaufen. Haben ein günstiges Plätzchen zum Schlafen gesucht. Mit einem von den anderen Deutschen habe ich auf der Suche nach Wein halb Biarritz abgegrast. Später haben sich noch vier Schwedinnen zu uns gesellt, und wir sind dann eingeschlafen.
Di. 29.07.
Um 2 Uhr ist mal wieder Polizei gekommen, und sie haben uns mal wieder gesagt, daß wir hier nicht schlafen dürften. Wir sind dann alle zu einem versteckten Stück Strand und haben dort weitergepennt. Sehr gut geschlafen. Vormittags sind wir mit zwei von den anderen Deutschen zu einem von Biarritz etwa 3 km entfernt liegenden Zeltplatz gelaufen. Ganz schöner Hammer bei der Hitze. Und dort hat uns dann der Zeltplatzverwalter gesagt, daß wir dort nicht übernachten könnten, weil wir kein Zelt hätten. Daraufhin sind wir zu einem in der Nähe liegenden Strand gelaufen. Es waren wenig Leute da. Haben gleich mal ausgiebig gebadet. Gegen Abend, als die Flut kam, haben wir unser Zeug weiter zurückgelegt und sind dann eingepennt. Nur Rolf und ich.
Mi. 30.07
Haben eigentlich ganz gut geschlafen. Haben aber bemerkt, daß es dort Ratten gab. Die haben uns aber nicht weiter belästigt. Heute wieder gebadet. Bin mal zum Zeltplatz hochgelaufen, um dort einzukaufen. Die beiden Deutschen sind auch runtergekommen und haben sich zu uns gelegt. Abends um 19 Uhr sind Rolf und ich nach Biarritz zurückgelaufen. Dort um 20 Uhr am Bahnhof angekommen. Haben uns im Bahnhofsrestaurant ein Menue geleistet und Wein. Um 21 Uhr 15 ist in Biarritz La Negresse, nachdem wir von Biarritz-Ville raufgefahren waren, unser Zug nach Paris abgefahren. In Dax ausgestiegen, weil der Zug so voll war, und zwei Stunden auf den nächsten gewartet. Scheiß Nacht. So gut wie gar nicht geschlafen.
Do. 31.07.
Um 7 Uhr 30 sind wir in Paris angekommen. Haben unser Gepäck in einem Schließfach verstaut und sind mit der U-Bahn zum Louvre gefahren. Dann zu den Tuilerien gelaufen. Durch sie hindurch und was zum frühstücken gesucht. In einer Bar einigermaßen billig gefrühstückt. Dann in einem Kaufhaus eingekauft. Dann zum Arc de Triomphe gelaufen. Unterwegs einige andere Sehenswürdigkeiten gesehen. Am Arc de Triomphe Pause gemacht. Ich bin mal raufgelaufen. 285 Stufen ging es hoch. Man hat einen schönen Blick. Dann sind wir auf der Avenue Kléber zur Place Trocadero gelaufen. Dort das Marinemuseum im Palais de Chaillot besichtigt. Dann zum Eiffelturm und rauf auf ihn. Einen unwahrscheinlichen Blick hat von dort oben. Waren ganz oben, in der dritten Etage. Danach sind wir noch ein bißchen in der Stadt rumgelatscht. An der Ecole Militaire und am Invalidendom vorbei. Den Boulevard St. Germain entlang, haben die Kirche St. Germain des Prés gesehen und sind auf den Boulevard St. Michel. Dort um 20 Uhr ins Kino. Es lief die Rockoper „Tommy“ auf Englisch. Nach dem Film, um 22 Uhr, zum Bahnhof Austerlitz-Orléans, wo wir unsere Rucksäcke gelassen hatten, und dann zur Gare Montparnasse. Von dort nach Les Sables d’Olonne an die Atlantikküste gefahren, um 23 Uhr 48.
Fr. 01.08.
Um 7 Uhr in Les Sables angekommen. Gewartet, bis die Geschäfte aufgemacht haben; dann eingekauft. Danach zum Strand. Hier ist das Wasser eiskalt. Während des Tages mal zum Leuchtturm am Eingang des Hafens gelaufen. Und einen Rundgang durch die Stadt gemacht. Sie gefällt mir gut. Um 19 Uhr 30 sind wir dann wieder zum Bahnhof gelaufen. Um 20 Uhr 40 nach Paris zurückgefahren.
Sa. 02.08.
Um 6 Uhr 30 in Paris angekommen. Haben Sacré-Coeur und die Place Pigalle angeschaut und sind durch Montmartre gelatscht. Um 8 Uhr 20 sind wir nach Calais abgefahren. Der Zug war sehr voll. In Calais haben wir uns dann zum Fahrkartenschalter vorgekämpft und zwei Tickets gekauft. Dann gleich mit der Fähre nach Folkestone. Die Überfahrt hat zwei Stunden gedauert, kaum Wellen. In Folkestone gleich in den Zug nach London. Etwa um 17 Uhr in Victoria-Station angekommen. Nach einer langen Herumlatscherei fuhren wir mit der U-Bahn zur Paddington-Station, und von dort um 18 Uhr mit einem Intercity nach Cardiff. Dort hatten wir gleich Anschluß nach Barry. Um 21 Uhr 30 bei Pritchards angekommen. Sie haben sich sehr gefreut. Mr. Pritchard hat gerade Urlaub. Sie haben zwei Mädchen von EF da. Mr. Pritchard hat uns gleich in ein Pub mitgenommen. Jeder hat zwei Pints getrunken. Zu Hause gab es noch Pommes Frites. Um 0 Uhr 30 sind die Mädels von der Disco gekommen. Beate, fast 16, nett, und Sabine, 14, hübsch, bißchen komisch. Dann ins Bett.
So. 03.08.
Um 9 Uhr aufgestanden. Bis 12 Uhr zu Hause rumgesessen. Dann mit Mr. Pritchard in seinen Club. Dort wieder zwei Pints getrunken. Dann nach Hause, Mittagessen. Nach dem Essen sind wir zum Sportzentrum gefahren. Mädchen von EF haben gegen die Stuttgarter gespielt. Wild! Abends sollten wir dann mit auf eine Beach-Party der Schweden. Aber die haben uns nicht gelassen. Hatten Angst, daß wir ihnen die Mädchen ausspannen würden. Habe mit Rolf einen Spaziergang gemacht. Am Strand Kugelstoßen geübt. Dann mal geschaut, was es im Kino gibt. Um 22 Uhr 30 nach Hause, noch gefernseht.
Mo. 04.08.
Vormittags mit Rolf einkaufen. Haben Lebensmittel für Mrs. Pritchard mitgebracht. Im Woolworth habe ich 15 Bücher à 9 Pence gekauft. Wahnsinnig billig. Um 12 Uhr wieder mit Mr. Pritchard in seinen Club. Haben Billard gespielt. Danach sind wir ins Schwimmbad gefahren. Dort eine Weile rumgefaulenzt; war sehr heiß. Abends zu Hause geblieben.
Di. 05.08.
Im Woolworth wieder 15 Bücher gekauft. Nachmittags habe ich einen Spaziergang mit den Mädchen gemacht. Abends mit ihnen ins Kino. Danach ist Rolf nach Hause, und ich bin mit den Mädchen in den Pleasure Park. Um 23 Uhr 15 zurück. Es gab noch chinesisches Essen.
Mi. 06.08
Um 9 Uhr 5 sind wir nach Cardiff gefahren. Dort gleich Anschluß nach London gehabt. Um 12 Uhr 45 in London-Paddington angekommen. Mit der U-Bahn zum Bahnhof Kings Cross und geschaut, wann Zug nach Edinburgh fährt. Dann mit der U-Bahn zur Oxford Street. Die rauf und runter gelaufen. Sämtliche Kaufhäuser abgeklappert. Dann Carnaby-Street. Dort Pulli gekauft. Dann kreuz und quer durch London. Themse entlang. Big Ben, Westminster Abbey. Um 20 Uhr 30 zum Bahnhof zurück. Habe dort die Queen gesehen, als sie auf einem abgesperrten Bahnsteig in einen Zug stieg. Um 22 Uhr 30 nach Edinburgh abgefahren.
Hier enden die Tagebuchaufzeichnungen. Haben uns Edinburgh angesehen. Dann nach Perth und Aberdeen. Anschließend an die Südwestküste nach Penzance. Dann Bath. Dann zurück nach Barry. Mit Pritchards und den Mädels an die Westküste nach Morecambe. Einen Tag. Dann nach Hause.