Venezuela
4 Wochen quer durchs Land
Auf den Spuren von Alejandro de Humboldt oder Eine Nacht im Stundenhotel…
Da wir vor einigen Jahren in Venezuela unterwegs waren und vielleicht dieser oder jener Südamerika interessant findet, möchte ich nachfolgend auf paar Sehenswürdigkeiten hinweisen, Anekdoten erzählen und auch Tipps einstreuen.
Da Venezuela riesig ist kann man in 4 Wochen nicht soooo viel schaffen. Gern hätte ich noch die Andenregion mitgenommen, haben wir leider nicht geschafft. Preise soweit mir noch im Gedächtnis, gebe ich in US-Dollar an. Kann vielleicht immer noch als Richtlinie dienen. Aber ohne Gewähr.
Gelandet sind wir auf der Isla Margarita. Wirklich keine Insel auf der man seinen Urlaub verbringen müsste, aber Zielpunkt von LTU. Wir schliefen 2 Nächte im Tamma, eine heruntergekommene Absteige. 20 Dollar pro Nacht.
Nach der Akklimatisierung, Überfahrt mit der Fähre von Punta de Piedras nach Cumana. 8 $ /Person, Dauer ca.3h. Hierbei hatten wir ein erstes tolles Erlebnis, die Sichtung von min. 2 verschiedenen Buckelwalen und einen Sprung eines solchen Tieres.
Angekommen in Cumana suchten wir uns ein Hotel. Die Wahl viel auf Dos Mil. Keine gute Entscheidung. Die Zimmer aber so was von verseucht mit Insekten, davon einige Kakerlaken die man gut und gerne mit einem Meterstab vermessen konnte.
Noch in selbiger Nacht Umzug ins Italia, einfach aber sauber, 13 Dollar.
Cumana ist mir als kleine Stadt in Erinnerung mit einem spanischen Fort, Zentrum bisschen im Kolonialstil und eben lateinamerikatypisch. Hier ging auch Humboldt an Land, zwar nicht ganz freiwillig, doch er war wohl begeistert und blieb, da bar jeglicher finanzieller Sorgen, auch deutlich länger als wir.
Nächste Station war Caracas. Auf dem Busbahnhof in Cumana erwarben wir Tickets für die 7h Fahrt. In Caracas ließen wir uns von unserem Taxifahrer ein Hotel empfehlen und er brachte uns ins Plaza Cathedral mitten im alten Zentrum. Ein tolles Hotel mit einem altmodischen Charmé . Die Nacht DZ für 45 $

Das Panteon Nacional
Sehenswert ist das Centrum, mit der Kathedrale, Miraflores, der weiße Präsidentenpalast, die Casa Natal, das Geburtshaus von Simón Bolivar und das Panteon Nacional in welchem die Gebeine desselben ruhen. Außerdem sollte man die Casa Anauco besuchen, ein Kolonialmuseum passend untergebracht in einer alten Kaffee Hacienda mit tollem Haupthaus inmitten eines kleinen Parks. Aber auch die Einkaufsstraße Av.Lincoln mit ihren des Nachts farbigen Wasserspielen und die Hochhäuser der Hochfinanz waren des Anschauens wert.
Einen Tag später besuchten wir noch die Colonia Tovar, ein Fachwerkdörfchen deutscher Einwanderer aus dem 19 Jhd. ca. 2h westlich von Caracas.
Die Colonia ist ziemlich touristisch und mutet in dieser Umgebung eher wie ein Freizeitpark an. Trotzdem sollte man die Runde holen und zwar hin über El Junquito und zurück über Victoria und dann die Stadtautobahn zurück nach Caracas. Das Schwarzwalddörfchen liegt nämlich in traumhaft schöner Lage in den Bergen. Und die Häuser mit solchen Namen wie Kaiserstuhl, Muh Stall (!!) u.ä. sind in einer solchen Umgebung schon kurios.

Colonia Tovar
Wir fuhren dann von Caracas mit dem Überlandbus 1. Klasse zurück nach Cumana und besuchten am folgenden Tag von dortaus noch den Nationalpark Mochima, schöne Buchten und Strände, viele nur vom Meer aus zu erreichen. Boote samt Käptn gibt´s zu mieten.
Einen Tag später mieteten wir einen Ford und fuhren Richtung Süden zur Cueva del Cuacharo, eine riesige Höhle in der Nähe von Caripe, ca.4h Fahrt. Die Höhle ist wahrscheinlich die größte Südamerikas, so genau weiß das keiner, mehr als 11 km hat sich noch keiner hinein gewagt.
Humboldt war der berühmteste Besucher. Er kam vor allem wegen den nur in dieser Höhle beheimateten Cuacharo Vögeln, die kein Tageslicht mögen und im vorderen Teil der Höhle beheimatet sind. Sie orientieren sich, für Vögel wohl einzigartig, mittels dem Echo bestimmter Laute. Hoch interessant und spektakulär ist der Ausflug der Vögel in der Dämmerung. Ein Lärm… und doch irgendwo romantisch, wenn man bei einbrechender Dunkelheit in der Höhle steht und der Schwarm wie seit Urzeiten vorm Licht des Mondes entschwindet.

Der Höhleneingang
Wir übernachteten am Ort und fuhren den nächsten Tag weiter nach Ciudad Bolivar, besser
unter dem alten Namen Angostura bekannt. Die Altstadt könnte eine Sanierung vertragen, eigentlich könnte es eine wirklich schöne Stadt sein mit einer herrlichen Orinoko Uferpromenade, wenn, ja wenn nicht vieles so runtergekommen wäre.
Von dort fuhren wir am Orinoko hinunter nach Ciudad Guayana, besuchten eine spanische Citadelle am Beginn des Orinokodeltas und setzten mit der Fähre bei San Felix wieder auf das
linke Ufer über. In Maturin übernachteten wir in mangels verfüg- und vor allem bezahlbaren Hotel in einem Motel an der Straße. Der Name Red Scorpion hätte mir eigentlich zu denken geben müssen. Tat es aber nicht und so fuhr ich auf den Hof. Die Suche nach einem offenen Eingang war vergebens, keine Reception, nichts. Nur so komische Garageneinfahrten, Als sich eine öffnete und ein Pärchen herausfuhr, fragte ich den Fahrer, nach der Reception. Er grinste breit, schüttelte den Kopf und sagte „ Einfach reinfahren“ Cash and have fun.
Mhmmm, na gut, dann eben so, nur wieso fun?? Ok, wir mit Schwung in die eben freigewordene Garage, die sich wie von Geisterhand schloß, kein Fenster, rechts eine Tür ohne Klinke, am Ende der Garage ein Drehteller in der Wand ähnlich wie bei alten Fahrkartenschaltern. Wir bereuten schon, reingefahren zu sein. Ich die Klingel neben dem Drehteller betätigt, schlurfende Schritte auf der anderen Seite und eine Stimme die 12000 Bolivares verlangte. Ich legte die Scheine auf den Teller die sogleich entschwanden, der Öffner der Seitentür summte und wir traten in ein gut gekühltes Zimmer mir rundem (!) Bett, TV, Bad, Wandschrank mit Jalousie, gefüllt mit großen Handtüchern und einer weiteren verschlossenen Tür. Aber weiterhin alles absolut ohne Fenster. Meine Freundin bekams mit der Angst, die sich verfestigte, als sie im Bad eingepackte Kondome fand. Der Ausspruch „ Das ist ein Puff“war noch das harmloseste, was ich mir anhören musste. Ich musste zugeben, ich wollte mir nicht ausmalen, was passiert, wenn es in diesem Etablissiment mal brennen würde…
Eigentlich wollten wir noch essen gehen, doch das Garagentor war ja verschlossen, schlafen mussten wir irgendwo und bezahlt hatte ich ja auch schon. Wir machten also aus der Not eine Tugend, ich übersetzte mit dem Wörterbuch die Anleitung, an der Innentür, wie man hier wieder rauskommt während leider bei meiner Freundin keinerlei anheimelnde Wärme aufkommen wollte. So versuchten wir zu schlafen, mit knurrendem Magen und oft geweckt von knarrenden, sich öffnenden und schließenden Garagentoren. Erst gegen 3 Uhr wurde es ruhiger, dann hörte man aber andauernd das Nachtschicht-Putzkommando.
Später erfuhren wir von einem ansässigen Schweizer, dass Bordelle in diesem vom Katholismus geprägtem Land unerwünscht sind, die Schäfchen des Herrn trotzdem verbotene Wege beschreiten und sich dann in solchen, „Motels“ genannten Unterkünften mit ihren außerehelichen Liebschaften diskret entspannen…

Rückfront des roten Scorpions
Nach diesem, im Nachhinein lustigem Erlebnis besuchten wir die wunderbare Halbinsel Peninsula Paria und dort natürlich die schöne Playa Medina zum Baden
Über Carupano, zurück nach Cumana und das Auto nach 5 erlebnisreichen Tagen wieder abgegeben. Am nächsten Tag besuchten wir mit einem Taxi die Playa Colorada. Ein wegen seinem rötlichem Sand bekannter, aber auch gut besuchter Badestrand.
Am Folgetag setzten wir mit der Fähre Gran Cazique 2 nach Punta Piedras/Isla Margarita über.
Bereits von Deutschland aus, hatten wir, ausgehend von Porlamar eine 15 tägige Gran Sabana Dschungeltour mit folgenden Stationen gebucht, eine schöner als die andere:
Uruyen-Kavac-La Toma de Agua-Kamarata-Kamadak-Camp Ibanameru-Insel Ratoncito-dem weltberühmten höchstem Wasserfall der Erde Salto Angel und Canaima, sowie abschließend 3 Badetage auf derInselgruppe Los Roques.

Gran Sabana

Kavak
Die Gran Sabana ist einfach ein großartiges Stück Land, Savanne wechselt sich ab mit dichtem Wald, majestätische Tafelberge (Tepuys)bis zu 2000m hoch, mit Wasserfällen ohne Ende, dazu paar Indiodörfer, alles durchzogen von Flüssen, benutzbar als Einbaumstraßen. Natur pur. So was vergisst man seinen Lebtag nicht mehr. Geschlafen wurde in Hängematten, beim allabendlichen Lagerfeuer kreisten die Flaschen und die indianischen Träger zeigten uns Flora und Fauna. Wir waren eine Gruppe von neun Europäern plus einem Übersetzer schweizer Herkunft, 4 indianischen Trägern und 1 Köchin.

in den 70igern in der Wildnis notgelandestes Fluggerät

Uruyen
In den folgenden Tagen wanderten wir viel, badeten unter Wasserfällen, besuchten Felsschluchten, durchsteiften den Dschungel und aßen bei Indios Fladen, probierten vergorene Getränke, versuchten wilde Papageien anzulocken und staunten am Fuße des Salto Angel und an Canaimas Lagune. Herrlich…
Ein Besuch Venezuelas ohne mehrere Tage in der Gran Sabana zu verbringen ist unvorstellbar. Glaubt mir.
Der abschließende Aufenthalt auf Los Roques mit den herrlichen Blautönen des Meeres war der Kontrast dazu.

Anfahrt zum Salto Angel, beeindruckende ca. 950m freie Fallhöhe

Tierbeobachtungen

Canaima
Die Qualität der Bilder bitte ich zu entschuldigen, wir hatten damals noch keinen qualitativ höherwertigen digitalen Datenträger, die Fotos sind eingescannt.
Sollten noch Fragen auftauchen, dann bitte, ich helfe gern. Ansonsten hoffe ich, dass euch die kleine Schilderung interessierte und verbleibe
Euer M1
Nichts ist schwerer und erfordert mehr Charakter, als sich in offenem Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und zu sagen: Nein!
Kurt Tucholsky