
Das Sonnenuntergangs-Shooting an der Source d´Argent fiel am Montag leider aus, da der Himmel nicht mehr aufriss und auch noch den einen oder anderen Schauer parat hielt. Stattdessen ging ich mit Linda und Karsten zur Union Estate. Niemand saß am Eingang, um Eintritt zu kassieren – was vermutlich am schlechten Wetter lag. Ich zeigte den beiden das Schildkrötengehege am Giant Union Rock, anschließend liefen wir zum „Bacardi-Strand“. Dieser war aufgrund des Regens menschenleer. Während die beiden Berliner darauf warteten, dass die Riesenkrabbe, die soeben in ihrem Loch verschwunden war, wieder rauskommt, kletterte ich ein wenig auf den Felsen herum. Da sich der nächste Regen ankündigte, radelten wir zurück Richtung Beachbungalow der La Digue Island Lodge, in dem die beiden fast Verheirateten wohnen.etwa eine Minute vor der Ankunft öffnet der Himmel alle Schleusen. Auf der Veranda mit Meerblick können wir zusehen, wie Praslin nach und nach hinter der mächtigen Regenwand verschwindet. 30 Minuten vorm Abendessen schwinge ich mich dann trotz noch leichten Regens aufs Rad und starte zur Unterkunft. Ein paar Sekunden später zieht Petrus nochmals alle Register und haut so richtig einen raus. Am Gregoire´s Supermarkt halte ich schon wieder an, denn ich brauche noch Trinkwasser. Leider wollen die mich dort so aber nicht hinein lassen, da aus meinen Klamotten gefühlte 250 Millimeter Wasser pro Sekunde tropfen. Also wieder ab aufs Rad. Durch strömenden Regen radele ich nach Hause und fühle mich dabei pudelwohl. Unter sämtlichen Vordächern quetschen sich Einheimische und Touristen dicht an dicht, während ich als einziger Verkehrsteilnehmer breit grinsend über die überflutete Straße bummle. Nach zehn Minuten gemütlicher Regenfahrt komme ich bei Babi an und entkleide mich auf meiner überdachten Terrasse. Kurz Abduschen, etwas Trockenes anziehen und schon steht das Abendessen auf dem Tisch. Neben den „Standards“ (grüner Salat, Jobfish Creole, Reis, Chicken Curry) gibt es heute auch äußerst schmackhafte Pasta: Nudeln mit Thunfisch und Tomatensoße, und das Ganze dann noch mit ein wenig geriebenem Käse überbacken. Leckaaa!!!
Anschließend dann ab zur La Digue Island Lodge, denn die beiden Berliner warten schon auf mich. Ich nehme die im Duty Free auf Mahé erworbene Literflasche Jim Beam mit (bin bekennender Colapanscher!), und Karsten hat noch eine Flasche Glenmorangie (46%) „für gut und ohne Cola“ zu bieten. Es ist ein gemütlicher Abend mit interessanten Gesprächen, der um Mitternacht endet. Man will es ja nicht übertreiben, denn am Dienstag stehen zwei interessante Kletterpartien an!
Dienstag, 10. März 2009: um 8 Uhr geht der Wecker. Der Blick nach draußen ist fotografisch alles andere als wertvoll (hohe, geschlossene Wolkendecke), aber zumindest sieht es nicht nach Regen aus. Nach dem Frühstück die noch immer klitschnassen – und dadurch enorm übel riechenden – Turnschuhe anziehen und ab aufs Rad. Am Hafen kommt mir eine frisch eingetroffene Horde Italiener entgegen. Es sind viele. Sehr viele! Aber dazu später mehr. Mein erstes Ziel ist der Gregoire´s Supermarkt, denn dort treffe ich mich um 10 Uhr mit Linda, Karsten und Rondy, dem sehr netten einheimischen Guide, der unter anderem auch Touristen zur Anse Marron führt. Begleitet wird Rondy von Bullet und Kenya. Wer das ist? Na, zwei seiner vier Hunde – ein Retrieverrüde und eine Mischlingshündin, die definitiv einen Boxer in ihrem Stammbaum vorzuweisen hat. Zu sechst radeln wir zur Grand Anse – wobei genau genommen natürlich nur vier von uns tatsächlich RADELN, denn die anderen beiden rennen auf je vier Pfoten nebenher und gehorchen ihrem Herrchen aufs Wort. Wir parken die Räder an der Grand Anse und nehmen direkt Kurs auf „meine Stelle“, denn ich hatte Rondy am Tag zuvor gefragt, ob es möglich sei, die Felsen des Pointe Belize bis an deren östliche Spitze zu begehen, also dorthin zu kraxeln, wo diese Felszunge ins Meer endet. Rondy klettert alleine vor, um den Weg zu erkunden; wir restlichen fünf warten am Strand. Nach wenigen Minuten kommt er zurück und gibt grünes Licht. Und schon setzt sich die Kraxelkarawane in Bewegung, während die beiden Hunde brav am Strand unter einem Schatten spendenden (früher: „schattenspendenden“) Felsen auf uns warten. Rondy läuft wie immer barfuß, wir drei Touris tragen Turnschuhe. Ein Stück geht es zunächst durchs Wasser, und anschließend erweisen sich die Schuhe als äußerst gefährlich: Karsten rutscht auf einem ebenfalls feuchten Felsen aus und kann sich noch so eben halten. Ein gebrochener Arm käme am Tag vor der Hochzeit nicht wirklich gut… Barfuß geht es dann für alle weiter. Nach einigen Minuten sind wir dann am Ziel unserer Reise angekommen – nicht, ohne vorher einige bedenklich tiefe Spalten überstiegen und enge „Felstunnel“ durchkrabbelt zu haben. Von dort hinten hat man einen tollen Blick sowohl auf die Grand als auch Petite Anse. Ich schieße ein paar „Erinnerungsschnappschüsse“, denn mehr ist bei den Lichtbedingungen heute nicht drin. Das Wasser ist erstaunlich ruhig um diese Jahreszeit, es kraulen tatsächlich Touristen vorbei, die offenbar von der Grand Anse zur Petite Anse schwimmen. Nach ein paar Minuten geht es zurück. Nur nicht die Schuhe vergessen, die auf einem der Felsen auf ihre Eigentümer warten. Zurück am Strand, ist die Freude über Herrchens Rückkehr erst mal groß. Rondy setzt sich zu den Vierbeinern in den Schatten; wir drei hüpfen erst mal ins Wasser. Linda und Karsten bleiben an der Grand Anse, aber Rondy und ich haben noch „große Pläne“: Barfuß (Rondy) bzw. auf Socken (fotomann.de) von der Petite Anse zur Anse Cocos, aber nicht über den altbekannten Dschungelpfad, sondern unmittelbar an der Küste entlang über die Felsen! Dort, wo die Felsen beginnen, gibt Rondy seinen Hunden ein Kommando. Sofort suchen sich die beiden einen Schattenplatz, denn sie wissen offenbar, dass Herrchen jetzt erst mal weg ist und sie nicht mitlaufen können. Und schon beginnt sie, die zweite Kraxeltour des Tages. Diese ist noch um einiges anstrengender als die erste. Rondy hüpft teils über die Felsen wie eine Gazelle, ich watschele bedächtig hinterher. Irgendwann ist er plötzlich verschwunden. Ich sehe mich um – wo ist er hin? Plötzlich höre ich direkt unter mir: „Ya man, here man“, wobei das „man“ selbstredend nicht englisch, sondern Raggamuffinstylacool wie das deutsche Wort „Mann“ ausgesprochen wird. Also ab geht´s nach unten, Kraxel Deluxe, ab durch einen Spalt, durch den mein Adonisleib so eben passt, und weiter über die unzähligen Felsen in allen Größenordnungen. Kurz vor der Anse Cocos hängen meine Zehen übrigens mittlerweile durch große Löcher vorne aus den Socken heraus. „There it is – Coco Beach!“. Stimmt, Rondy hat Recht, wir sind da. Ich nehme an, dass sich wohl bisher nur sehr wenige Touristen der Anse Cocos aus dieser Richtung genähert haben. Gefestigt wird meine Annahme, als Rondy mir sagt, dass er diesen Weg soeben auch zum ersten Mal gegangen ist…

Nach einem erfrischenden Bad am südlichsten Zipfel der Anse Cocos (von den beiden schräg stehenden „Zwillingspalmen“ steht übrigens leider nur noch eine, und von dieser hängen braune, verwelkte Blätter nach unten) geht es über den Dschungelpfad zurück Richtung Petite Anse. Aber Stopp, da hatte ich doch im Forum etwas gelesen von einer gerodeten Fläche für eine Baumaßnahme. Also frage ich Rondy. „Ya man! Right there, I can show you, man!“. Und da ist sie, die gerodete Stelle. Hätte er sie mir nicht gezeigt, so wäre sie mir nicht aufgefallen. Eine Zerstörung der Natur hat meines Erachtens nicht stattgefunden, ich sehe noch nicht mal einen gekappten Palmenstumpf, nur die Wiese sieht ein wenig „gemäht“ aus – auf einer Fläche von vielleicht 20 x 20 Metern. Ein reicher Inder wollte dort laut Rondys Wissen bauen, aber die Regierung hat den Bau gestoppt. Rondy ist sich auch recht sicher, dass sich die Regierung bewusst ist, dass die meisten Touristen nach La Digue kommen, weil sie die Insel und speziell die drei Strände im Südosten so mögen, wie sie jetzt sind, und eine Bebauung die Besucherzahlen drastisch reduzieren würde. Hoffentlich hat er Recht und die Regierung sieht das tatsächlich so. Let´s all pray for that…

Auf dem Rückweg über den Dschungelpfad – den ich doch tatsächlich barfuß ohne Murren und Knurren meistere – treffen wir zwei Deutsche, die den Weg zur Anse Cocos suchen. Da ich auch an diesem Tag – wie an bisher jedem Tag auf La Digue – eines meiner sechs Shirts mit unübersehbarem FOTOMANN.DE-Schriftzug trage, kommen wir ins Gespräch und beide schwärmen mir massiv von Sansibar vor. Klingt verlockend, war da schon wer von Euch? Jedenfalls findet Rondy in den beiden seine nächsten Südumrundungskunden, am Mittwoch geht es schon los. Zurück an der Petite Anse reicht ein Pfiff, und wenige Sekunden später kommen zwei schwer erfreute Hunde auf uns zugerast. Ich nehme ein Bad in der Mitte der Petite Anse – herrlich! Nur an beiden Enden der Bucht liegt je ein Touristenpaar, ansonsten ist der Strand menschenleer. Dies soll sich aber an der Grand Anse schlagartig ändern… *trommelwirbel*
Unsere Fahrräder warten an der Strandbar auf uns. Oben am Baum auf der Düne stehen etwa zehn Touristen auf einem Fleck. Was ist denn da los? Ich laufe ein paar Meter weiter hoch und mich trifft der Schlag: Die Bucht ist „voll“! Die Horde Italiener, die ich bereits morgens am Hafen erblickte, bevölkert „meinen“ Strand. Ich ziehe mein bis dato unbenutztes Reisemegaphon aus der Tasche, bahne mir einen Weg durch die Meute, stelle mich genau in die Mitte der Bucht, den Rücken zum Ozean, und brülle: „Dear people from Italy: Listen. Listen carefully, because I´m not going to repeat this. The message is: Go home now! Leave this island! Don´t ever come back here! See those two dogs there? They are very well trained killing-machines. Go back to Rome or Venice or Milano or wherever – but go RIGHT NOW! Do not leave any rubbish. Thank you – and up never-again-see!!“. Natürlich ist der letzte Abschnitt ab dem Ziehen des Megaphons frei erfunden, aber gezählt habe ich die Touristen trotzdem: Knapp über 60!! Zum ersten Mal habe ich an diesem Tag die Grand Anse gerne verlassen. Morgen früh bin ich wieder um 5:30 Ortszeit dort und werde ALLEINE am Strand auf den Sonnenaufgang warten. Danach schnell zurück zur Unterkunft, Duschen, Fototasche neu packen und ab zur Hochzeit der beiden Berliner! Rondy wird übrigens Trauzeuge!!

Bis demnaechst,
Torsten