Die Skinke (Glattechsen) der Seychellen

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robhof
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Die Skinke (Glattechsen) der Seychellen

Beitrag von robhof »

Herpetofauna der Seychellen

Bild Der - wie bereits der Name verrät - endemische Seychellen-Skink, Trachylepis sechellensis, ist auf den Granitinseln nahezu allgegenwärtig. Die neugierige Echse zeigt wenig Scheu vor dem Menschen. Die zweite Art dieser Gattung, T. wrightii, sieht sehr ähnlich aus, ist aber etwas größer und vor allem wesentlich "dicker" - kräftiger gebaut.

Die Skinke (Glattechsen) der Seychellen

© Robert Hofrichter, mittelmeer@aon.at (jede Verwendung der Texte und Fotos bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Autors)

Ein guter Kenner der Seychellenfauna von Mahé erzählt über Skinke - um die Häufigkeit dieser Tiere zu unterstreichen - folgende Geschichte: Noch ehe seine einjährige Tochter „Papa“ sagen konnte, überraschte sie schon die Familie mit dem Wort „Skink“. Wo auch immer man auf den Seychellen ist, von den paradiesischen Sandstränden bis in die unberührten Nebelwälder, auf Bäumen und Sträuchern oder auf einer der „Vogelinseln“, überall wird man von unzähligen Skinken begleitet. Will man unliebsame Schrecksekunden vermeiden, darf die Kamera- oder Provianttasche nicht offen bleiben. Sonst kann es passieren, daß einem aus der Tasche unverhofft und blitzschnell etwas entgegenspringt. Skinke reagieren rasch auf alles Ungewöhnliche in ihrer Umgebung, entdecken sofort zu Boden gefallene Nahrungsbrocken und untersuchen eben auch jede offene Tasche auf ihren essbaren Inhalt.

Bild

Die Skinke sind die artenreichste Familie der Echsen. Es gibt mehr als 100 Gattungen und über 1000 Arten. Sie bewohnen tropische Gebiete überall auf der Welt. Die höchste Vielfalt haben sie in Südostasien und in Afrika entfaltet. In der Neuen Welt hingegen (neotropisch) ist die Vielfalt geringer. Entweder sie erreichten die Neue Welt über Asien und die Beringbrücke, oder aber sie überquerten von Afrika aus auf Treibholz den Atlantischen Ozean.

Die auf den Seychellen vertretenen Skinke, Glattechsen oder "Mabuyas" (der wissenschaftliche Name lautet seit einigen Jahren Trachylepis*, nicht mehr Mabuya) werden auf Kreolisch „leza sek“ = „trockene Echse“ genannt. Forscher überraschen sie oft durch ihre bemerkenswerte Anpassungen an verschiedenste ökologischen Nischen und durch ihre weite Verbreitung.
(* Der valide Gattungsname ist Trachylepis Fitzinger, 1843. Die alte Sammelgattung Mabuya sensu lato wurde in 4 Gattungen gesplittet: Mabuya sensu stricto, Chioninia, Trachylepis, Eutropis). Die Gattung Mabuya umfasst nach dieser Revision nur noch neuweltliche bzw. neotropische Arten. Alle anderen "Mabuyas" aus anderen Regionen wurden anderen Gattungen zugeordnet: http://www.mnhn.fr/museum/front/medias/ ... 05n4a6.pdf

Der endemische Seychellen-Skink (Trachylepis sechellensis, früher Mabuya sechellensis) ist die häufigste Glattechsenart des Archipels und eine der häufigsten Tierarten der Seychellen überhaupt. Er lebt auf den meisten Granitinseln und auf den Amiranten, besonders zahlreich auf Inseln mit großen Seevogelpopulationen. Auf Aride und Cousin gibt es die größte bisher ermittelte Echsendichte pro Flächeneinheit weltweit: Auf einem Hektar wurden hier mehr als 4000 Individuen gezählt. Vermutlich verschaffen die Vögel den Skinken ein reichlicheres Nahrungsangebot in Form von nichtverspeisten Fischen oder Vogeleiern. Sie sind in der Wahl ihrer Nahrung aber keinesfalls wählerisch und fressen auch Insekten und menschliche Nahrungsreste.

Drei Faktoren beeinflussen die Ökologie der Skinke: die Topographie der Insel – diese Glattechsen bevorzugen eher die Küstenebenen; auf den Bergen oberhalb von 500 Meter Seehöhe werden sie immer seltener -, große Seevogelkolonien und nicht zuletzt der Mensch. Die durch ihn verursachten Veränderungen, etwa das Einschleppen von Ratten, Katzen und anderen Fremdlingen, spielen dabei eine wichtige Rolle.
Der Zusammenhang zwischen Artenzahl und Häufigkeit der Skinke und der Anwesenheit von Seevögeln ist offenkundig. So kommt Wright´s Skink (Trachylepis wrightii, früher Mabuya wrightii) nur auf Frégate, Cousin, Cousine und Aride vor, jenen Inseln also, wo die großen Seevogelkolonien der Granitinseln zu finden sind. Dank Hunderttausender Vögel rieselt hier ein ununterbrochener, obwohl saisonal etwas unterschiedlicher „Nahrungsregen von oben“ auf die Skinke herunter: Essensreste der Vögel, vor allem kleine Fische sowie ihre Ausscheidungen (immerhin an die 20.000 Kilogramm Trockengewicht jährlich allein auf der Insel Cousin), Eier und Jungvögel.

Bild Trachylepis sechellensis

Möglicherweise spielt aber das Vorhandensein oder Fehlen von Ratten eine ebenso wichtige Rolle. Ratten fehlen auf den meisten „Vogelinseln“, wodurch sich nicht nur die Vögel, sondern auch die Echsen ungestört entwickeln können. Tatsache ist, daß auf den Vogelinseln die höchste Dichte an Skinken zu finden ist und nur hier beide Glattechsen (Trachylepis sechellensis und T. wrightii) leben. Ökologische Untersuchungen haben auf der Insel Cousin eine Echsen-Biomasse (also ihr gesamtes Lebendgewicht) von 184 Kilogramm Mabuyas und Geckos pro Hektar ergeben. Auf einer Fläche von 100 mal 100 Meter kommen hier fast 5000 Skinke (3600 Trachylepis sechellensis und 1300 T. wrighti) und ca. 230 Bronzegeckos vor. Im Vergleich dazu wurden im natürlichen Palmenwald auf Praslin nur 320 Individuen von Trachylepis sechellensis pro Hektar ermittelt, also weniger als ein Zehntel der Dichte von Cousin. Innerhalb der Vogelinseln ist die höchste Echsendichte jedenfalls dort zu finden, wo die meisten Vögel nisten.

Wright’s Skink (Trachylepis wrightii) ist mit 30 Zentimeter Gesamtlänge, wovon die Hälfte auf den S chwanz entfällt, etwas größer und deutlich kräftiger als der Seychellen-Skink, ansonsten sieht er aber praktisch gleich aus. Jungtiere der beiden Arten sind äußerlich kaum zu unterscheiden, höchstens am unterschiedlichen Fluchtverhalten, denn T. sechellensis verschwindet meist in die Laubschicht und T. wrightii auf der Vegetation. Sein Vorkommen beschränkt sich auf vier berühmte Vogelinseln, wo er genügend Nahrung findet und vor Ratten sicher ist, die Skinken überall sonst stark nachstellen. Wright’s Skink kann gezielt Eier aus den Nestern der Seeschwalben - bei Feenseeschwalben direkt von Ästen - hinunterstoßen um dann den Inhalt zu verzehren.

Bild Der ebenfalls endemische Wright’s Skink (Trachylepis wrightii) sieht wie der Seychellen-Skink aus, ist aber viel kräftiger gebaut. Er kommt nur auf wenigen Inseln vor, die sich durch große Seevogelkolonien und das Fehlen von Ratten auszeichnen.

Das Körpergewicht der Skinke schwankt im Laufe eines Jahres stark. In der Brutzeit der Seevögel zwischen April und September ist für die unzähligen Skinke reichlich Nahrung vorhanden. Sie legen in dieser Zeit enorme Fettreserven an und sind dann in der Lage, 50 bis 80 Tage ohne Nahrung auszukommen.

Die Beschaffenheit des Lebensraumes, die Konkurrenzsituation durch andere Echsen, der Feinddruck durch Ratten und Tenreks sowie zahlreiche weitere Faktoren spielen für Echsen eine wichtige Rolle. Am Skink Pamelaescincus (früher Scelotes) gardineri lassen sich solche Unterschiede gut verdeutlichen. Auf Praslin ist diese Art eher selten und lebt vor allem versteckt in der Laubschicht des Waldbodens. In der Nacht ist hier Pamelaescincus gardineri nie zu sehen. Im Gegensatz dazu ist dieselbe Art auf der rattenfreien Vogelinsel Cousin häufiger, größer und offenbar - wie auch auf Mahé, La Digue und Frégate - ausschließlich nachtaktiv.

Janetaescincus (früher Scelotes) braueri wurde bisher auf Mahé, Silhouette und Frégate nachgewiesen. Die kleine Echse lebt ebenfalls im Wald, vor allem in der dicken Laubschicht des Waldbodens. Der bevorzugte Lebensraum ist im Nebelwald von Mahé und Silhouette. Frégate ist die einzige Insel, wo dieser Skink bis heute gemeinsam mit dem äußerst seltenen endemischen Vogel „Magpie Robin“ (Copsychus sechellarum) vorkommt. Er fällt diesem Vogel öfter zum Opfer, denn der Robin sucht seine Nahrung gern in der Laubschicht des Waldbodens. Wenn man am Waldboden Steine umdreht - was Wächter bei Führungen über die streng geschützten Vogelinseln gerne tun -, sind die Robins schnell zur Stelle und suchen nach Freßbarem. Robins erbeuten manchmal auch kleinere Skinke und Bronzegeckos, jedoch unternehmen sie nur selten Jagdzüge in die Kronen der Kokospalmen, wo sie grüne Taggeckos fangen. Eine zweite Art dieser Gattung, Janetascincus veseyfitzgeraldi, kommt in tieferen Lagen auf zahlreichen Seychellensinseln vor.

Ein besonderer Skink ist Cryptoblepharus boutonii. Er hat sich als Lebensraum unmittelbar der Küstenregion bzw. der Gezeitenzone angepasst. Meistens findet man ihn an felsigen Küsten, immer wieder aber auch auf Sandstränden mit eingestreuten Felsen.

Hans Fricke (der berühmte Latimeria-Forscher) hat 1970 in einer Arbeit über diese Art geschrieben (http://www.springerlink.com/content/g484665082218638/):

„Auf Madagaskar läuft die Eidechse Cryptoblepharus boutoni cognatus einmal am Tag bei Einsetzen der Ebbe in die langsam trockenfallende Gezeitenzone, wo sie nach Insekten, Krebsen und Fischen (junge Periophtalmus kohlreuteri) jagt. Die gezeitenanhängige Aktivität, definiert als die Anzahl der frei umherlaufenden Tiere, wurde gemessen. Die Eidechse ist ortstreu und wandert auf erlernten Wegen zwischen den Ruheplätzen an Land und den Jagdgründen in der Gezeitenzone. Bei Verfrachtung über ca. 200 m außerhalb ihres Aktionsraumes (home range) kehrt sie in ihr Heimatareal zurück. Ortstreue, gezeitenperiodische Wanderungen und Heimfinde-Verhalten werden als Anpassung für das Leben in der Gezeitenzone diskutiert. Die Eidechse ist ein Gezeitenzonen-Spezialist, die ohne Aufgabe ihrer terrestrischen Lebensweise in diese neue ökologische Nische eingedrungen ist.“

Eine letzte Art von Echsen wird in den Artenlisten über die Seychellen immer wieder als Skink angegeben: Die Madagassische Ringel-Schildechse Zonosaurus madagascariensis. Sie kommt allerdings nur auf Cosmoledo vor, wo sie vermutlich erst vor kurzem von Madagaskar aus eingewandert ist und zählt zu einer anderen Familie, den Schildechsen (Cordylidae).

Auf den Seychellen kommen folgende 21 Echsenarten vor:

Geckos (Gekkonidae): Phelsuma sundbergi, Phelsuma astriata, Phelsuma laticauda, Phelsuma abbotti, Urocotyledon inexpectata, Ailuronyx seychellensis, Ailuronyx trachygaster, Ailuronyx tachyscopaeus, Hemidactylus mercatorius, Hemidactylus frenatus, Hemidactylus brooki, Gehyra mutilata und Lepidodactylus lugubris

Skinks, Glattechsen (Scincidae):
Trachylepis sechellensis, Trachylepis wrightii, Pamelascincus gardineri, Janetascincus braueri, Janetascincus veseyfitzgeraldi und Cryptoblepharus boutonii

Schildechsen (Cordylidae): Zonosaurus madagascariensis insulans

Chamäleons (Chamaelonidae): Calumma tigris


Siehe auch http://members.aol.com/jstgerlach/herps.htm
Zuletzt geändert von robhof am 07 Aug 2007 07:50, insgesamt 1-mal geändert.
Die ... Begeisterung, die wir beim Betrachten der Natur empfinden, ist eine Erinnerung an die Zeit, da wir Tiere, Bäume, Blumen und Erde waren ... Leo N. Tolstoi

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Hebata
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Beitrag von Hebata »

Hallo Robert,

danke für die interessante Info und die schönen Bilder dazu :D

Ich liebe diese süßen Tierchen!


Gruß Hebata


P.S.
Kennst Du Dich auch mit Tausend- bzw. Hundertfüßlern aus?

Über diese Tiere erfährt man kaum etwas.Liegt es daran, daß diese noch
nicht ganz erforscht sind?
robhof
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Beitrag von robhof »

Hallo Hebata,

ich bin gar kein Fachmann für diese Tiere, aber in der Regel sieht man ja entweder die harmlosen riesigen Riesen-"Millipeden" Secheleptus seychellarum (werden fast 30 cm lang), die man auch immer wieder tot, bereits ausgetrocknet findet (oder Teile davon).... Das sind die daumendicken und eher lustig aussehenden Tausendfüßer ...

... oder, was unangenehmer ist, die Riesen-Hundertfüßer Scolopendra subspinipes (immerhin noch um die 20 cm lang)... Die Bisse sind giftig, unangenehm aber nicht lebensbedrohlich. Siehe http://www.gifte.de/Gifttiere/chilipoden.htm
Die sehen nicht so harmlos aus ... Zu der Art gibt es auch viele Fotos im Internet (Google).

Kleinere Tierchen aus dieser Verwandschaft findet man immer wieder, wenn man den Waldboden nach kleinen Fröschen und Blindwühlen durchwühlt ... (das reimt sich sogar :)
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Robert, Salzburg
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Hebata
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Beitrag von Hebata »

Hallo Robert,

danke für den Link - habe heute eine Miniausgabe eines Hundertfüßlers
unter einem Blumentopf gefunden - der konnte rennen!

Vor diesen Tieren habe ich Respekt und doch faszinieren sie mich ir-
gendwie.

Gruß
Hebata
friedel
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Beitrag von friedel »

hebata:
danke für den Link - habe heute eine Miniausgabe eines Hundertfüßlers
unter einem Blumentopf gefunden - der konnte rennen!
@hebata
Der hatte vor der Dusche (Blumen gießen) Angst, sonst wächst er zu schnell.
Schon komisch welche Geschenke diese Seych... manchmal mitbringen :lol:
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Hebata
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Beitrag von Hebata »

Hallo Friedel,

;D Das werde ich ihnen doch mal sagen, daß sie diese ruhig dort lassen
können.

Sie wird nicht erfreut sein, daß diese Viecher sie bis hierhin verfolgen :wink:


Gruß
Hebata
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