Am 16. Oktober um 19:35 Uhr hob die Air Sechelles Boeing planmäßig in Frankfurt ab. Dies war unsere fünfte Seychellenreise. Viermal davon waren wir im Oktober dort und Regen war uns in diesem Monat vollkommen unbekannt. Extreme Trockenheit mit Wassermangel ja, aber Regen ... ? Nun trennte meine beiden Kids und mich also nur noch eine einzige Nacht von herrlichem Sonnenschein und strahlendblauem Himmel. Soweit die Theorie ....
Als nach dem Bordfilm und einem ausgedehnten Nickerchen draußen die Sonne aufging, hatte ich schon eine leise Vorahnung, dass sich das Wetter vielleicht nicht an die gute alte Oktobertradition halten könnte. Wir waren noch ca. eine Flugstunde von Mahe entfernt und unter uns befand sich eine dichte Wolkendecke in tiefdunklem Grau. Dies änderte sich leider auch während der restlichen Flugzeit nicht mehr. Als wir dann schließlich zur Landung ansetzten wurde es auch noch ziemlich turbulent. Der Flieger wackelte heftig mit den Tragflächen und die Passagiere wurden noch ein wenig blasser, als sie ohnehin schon waren, aber letztendlich setzten wir sanft auf und konnten die Maschine unbeschadet verlassen.
Heftiger Regen und grauer Himmel ohne ein einziges blaues Fleckchen. Wie in Deutschland, nur wärmer

Nach den üblichen Formalitäten und dem Warten auf das Gepäck ging es hinüber zum Domestic Airport, von wo aus es nach Praslin weitergehen sollte. Dort wurde uns zu unserer großen Freude mitgeteilt, dass wir schon 20 Minuten später wieder abheben sollten

Entgegen aller Erwartungen sind wir dann doch sicher gelandet. Wenig später gab es ein weiteres Highlight. Unsere drei Koffer waren die allerersten auf dem Gepäckband. Kein Witz, alle drei Koffer hintereinander und VOR allen anderen! Das ist mir noch nie zuvor widerfahren. Kurbelt echt die Ausschüttung von Glückshormonen an.
Der Maisons-Bus brachte uns dann zu Islanders Guesthouse, wo wir dann als alte Bekannte aufs Herzlichste begrüßt wurden. Unser Bungalow war auch schon fertig.
Nachdem wir ausgepackt hatten, machte ich mir so meine Gedanken zu Aussagen über den Regen in den Tropen. Der sollte zwar heftig sein, aber meist nur von kurzer Dauer. Wir saßen auf der Terrasse und lasen in unseren mitgebrachten Büchern, während um uns herum die Welt unterging. Wie kurz ist eigentlich kurz? Nimmt man Zeiträume wie die Erdgeschichte als Maßstab, dann kann kurz auch ganz schön lang sein, oder ? Nach einem kleinen Platzregen sah das jedenfalls nicht aus. Wir fanden uns erst einmal damit ab, dass dieser Tag gelaufen war. Da wir von der Reise ziemlich schlapp waren, machte uns das auch nichts aus. Nach einem leckeren Red Snapper Abendessen im Brittania Restaurant, dessen Besitzer uns netterweise abholte und später auch wieder zurück brachte, gingen wir schlafen und hofften auf Wetterbesserung.
Vielleicht hätte ich vor dreißig Jahren doch nicht aus der Kirche austreten sollen. Es regnete immer noch und zwar ohne jegliche Unterbrechung und das blieb auch den ganzen Tag lang so.


Am nächten Tag gingen wir dann tauchen. Das kann man schließlich auch bei Regen machen. Ja, es regnete immer noch! Da der Boden kein Wasser mehr aufnehmen konnte, bildeten sich überall auf dem Gelände hübsche, kleine Seen und die Straße über das Vallée de Mai war an mehreren Stellen von Erdrutschen verschüttet. Die Tauchgänge mit Philippe von Bleu Marine waren trotzdem sehr schön. Wie gewohnt wimmelte es nur so von Fischen und mit Freuden stellte ich fest, dass sich auch die Haie bester Gesundheit erfreuteten. Nach dem Tauchen fuhren wir dann zur Anse Lazio. Wir hatten nämlich entschieden, dem Wetter keine Bedeutung mehr beizumessen. Das Meer war warm und es machte auch bei Regen Spaß, darin zu schwimmen oder sich den Wellen zu stellen. Das sahen übrigens Andere offensichtlich ebenso, denn wir waren bei Weitem nicht allein am Strand.
Der folgende Morgen brachte dann endlich den ersehnten Sonnenschein, aber in der ersten Woche hatten wir dann noch zwei weitere Regentage, die uns jedoch nicht mehr beeindruckten. Die zweite Woche war dann ohnehin Bilderbuchwetter.
Einiges, das mir aufgefallen ist:
Zwischen diesem und dem vorangegangenen Seychellenurlaub lagen gerade einmal 18 Monate, aber in dieser kurzen Zeit hat sich die Anzahl der PKWs auf Praslin vervielfacht. Sämtliche Autovermietungen haben sich mit zahlreichen Neuwagen eingedeckt (hauptsächlich kleine Daihatsu oder Peugeot 206) und auch sonst sieht man sehr viele funkelnagelneue Autos. Ich mußte manchmal an einer der wenigen Kreuzungen richtig warten !
Ich hatte einmal hier im Forum geschrieben, dass man beim Hotel La Vanille zwischen den Tauchgängen sehr lecker am Strandbüffet zu Mittag essen könne. Vergeßt es. Das ist leider nicht mehr so. In den zwei Wochen, in denen ich da war, gab es dieses Büffet kein einziges mal. Gäste des Hotels haben mir mitgeteilt, dass das normale Essen dort mittlerweile eine Katastrophe sei. Überhaupt scheint man dort die Zügel ein wenig schleifen zu lassen. Die Liegen am Strand sind angegammelt und rostig. Natalie, die Frau des Besitzers, hat sich von ihrem Mann getrennt und vom Hotelbetrieb zurückgezogen. Ich vermute einmal, dass dies der Grund für die Vernachlässigung des La Vanille ist.
Auch an der Anse Lazio gibt es leider Veränderungen. Wie bereits im Forum erwähnt, werden in dem Haus neben dem Restaurant Le Chevalier Zimmer vermietet. Das macht auch einen ziemlich offiziellen Eindruck, nichts heimliches. Nun wurde ein zweites Haus unmittelbar hinter dem Restaurant errichtet, das kurz vor der Fertigstellung steht. Auch dort soll man zukünftig Zimmer mieten können. Das diesbezügliche Verbot an der Anse Lazio scheint also zumindest aufgeweicht zu sein. Man wird sehen, wie sich das entwickelt.
Ach ja, noch so ein Forums-Dauerthema: die Anse Georgette.
Für den drittletzten Urlaubstag hatten wir Faulenzen an der Anse Georgette eingeplant. Also bin ich am Abend davor zum Eingangstor des Lemuria gepilgert und habe dem Security-Mann dort mein Anliegen vorgetragen. Das war ein wirklich unheimlich netter Mauritier, der mir auch gleich noch seine Lebensgeschichte erzählte. Nebenbei erklärte er mir, dass Mauritius sehr viel schöner sei als die Seychellen und obendrein viel preiswerter. Ich mußte ihm versprechen, sein Heimatland in meine kommende Ferienplanung aufzunehmen. Dafür verriet er mir die Handynummer von Mr. Spearman, dem General Manager des Lemuria. Bei diesem sollte ich am nächsten Morgen anrufen (ohne zu verraten, woher ich seine persönliche Nummer habe) und ihm erzählen, dass ich da von einem wunderschönen Strand gehört hätte, den man nur über dieses wundervolle Hotel erreichen könne .....
Genau so machte ich das dann auch und es funktionierte prächtig, obwohl das Lemuria, wie Mr Spearman betonte, ausgebucht war. Als wir gegen neun Uhr am Tor ankamen und unsere Namen nannten, wurde uns sogleich geöffnet und wir spazierten durch die wirklich schöne Anlage zur Anse Georgette. TRAUMHAFT und menschenleer. Die ersten zwei Stunden waren wir die einzigen Menschen an diesem Strand, erst dann trudelten nach und nach einige Hotelgäste ein, die sich per Boot zu der Bucht bringen ließen. Darunter waren auch zwei britische Familien. Vier Erwachsene, drei Kinder, allesamt gekleidet, als wären sie unterwegs zum Rennen nach Ascot. Die Damen mit eleganten Hüten und Cocktailkleidern, die Herren in edlem Tuch. Very british und very deplaziert. Doch diese elitärem Inselbewohner waren sich nicht zu schade, sich unter dem selben schattenspendenden Baum niederzulassen, unter welchem wir unsere Handtücher ausgebreitet hatten. Das British Empire eroberte vielmehr den Bereich rund um uns herum und strafte uns mit mißmutigen Blicken. Ich schaute mich um, ob irgendwo ein Union Jack im Korallensand steckte, der kenntlich machte, dass ich mich sträflicherweise auf ihrem geheiligten Territorium befand, aber ich konnte keinen entdecken. Also blieb ich noch ein wenig, um so meine Studien über unsere britischen Nachbarn zu betreiben. Very amusing. Am schönsten wurde es dann um die Mittagszeit. Lunchtime. Man griff zum Handy und kaum dreißig Minuten später erschienen drei mauritianische Diener aus dem Lemuria und brachten erst einmal drei große Warmhalteboxen mit Spießchen, Hähnchenschlegeln, Fisch, verschiedensten Salaten und anderen Leckereien. Danach folgten die Kühlboxen mit eisgekühlten Säften und mehreren Flaschen Veuve Clicquot Champagner. Natürlich gab es dazu keine Pappteller oder –Becher, sondern Porzellan und Kristallgläser. Ein echtes Schauspiel, wie sich diese Leute daraufhin bedienen ließen. Fast fühlte ich mich ins 19te Jahrhundert versetzt. Das war dann doch zuviel für mich und ich zog es vor, diese Kolonialherren nicht länger mit unserer unwürdigen Anwesenheit zu belästigen. Zum Glück habe ich einige britische Freunde, die beweisen, dass nicht alle Bewohner der verregneten Insel so sind, sonst hätte ich jetzt sicher ein kleines Vorurteil

Insgesamt war es aber ein sehr schöner und erholsamer Urlaub mit etwas Wandern, viel Tauchen und noch mehr Faulenzen. Man erkennt überall, dass sich die Seychellen verändern aber sie bleiben noch immer traumhaft. Der Seychellen Virus hat sich als robust erwiesen und er ist sogar resistent gegen alle Spielarten des Wetters. Die Planung für Oktober 2005 kann beginnen .....
Grüße,
Rolf