Bis zu diesem Ergebnis war die Reiseplanung eine der schwierigsten gewesen, die wir je hatten, in der unter anderem ein paar schwer geschäftstüchtige samoanische Prinzessinnen und weitere Südsee-Adlige ihre teils unrühmlichen Auftritte hatten, aber das ist eine andere Geschichte.
Kurz bevor wir beinahe das Südsee-Handtuch für 2025 geworfen hätten, landeten wir dann doch noch einen Treffer, und rückblickend sollte das wohl alles so sein, denn schöner als dort hätten wir es kaum haben können. Ungewohnt ist für uns allerdings, nichts Schriftliches in der Hand zu haben, nur eine Absprache per Mail, keine Anzahlung, wir sind gespannt, ob das alles so klappt und ob es uns gefallen wird. Wir vertrauen darauf, daß unser Kontakt zuverlässig ist, und starten entspannt in den Urlaub.
Streß erwarten wir wirklich keinen, denn kurz vor Abreise hat Air Tahiti uns mit einer Flugstreichung erfreut, die bedingt, daß wir eine Nacht länger in Los Angeles bleiben müssen. Zeit genug für eine weitere ausgiebige Stadterkundung für mich und mehrere Tage des Abhängens am Pool für den Mister.
Als wir in Amsterdam landen, werde zumindest ich dann aber doch kurzzeitig hektisch. Wer Schiphol kennt, weiß, daß der gesamte Flughafen aus einem einzigen Gebäude mit endlos langen Korridoren zwischen den Terminals besteht und man, wenn man Pech hat, kilometerlange Fußmärsche zurücklegen muß. Und wir haben leider Pech, unser Abfluggate liegt maximal weit vom Ankunftsgate entfernt, plus der dazwischen liegenden Kontrollstationen.
Wir stapfen los, wie immer schwer beladen mit Fotoequipment, Kameras für Über- und Unterwasser, diversem anderem Elektronikzubehör plus der uns erneut ausgeliehenen Drohne.

Ich treibe den Mister zur Eile an, das Terminal ist noch eine Ewigkeit weit entfernt, vorbei an Läden mit Tulpen, Käse und bemalten Klompen. Eigentlich ist das nett hier, aber ich stolpere mit Tunnelblick voran. Der Mister nimmt sich mehr Zeit zum Gucken und entdeckt so, was außer ihm offenbar niemandem auffällt: Selbstfahrende Rollstühle zum Ausleihen.
Eine Flughafenmitarbeiterin steht reichlich gelangweilt neben ihrem Fuhrpark, der unbeachtet auf Kunden wartet, und ist hoch erfreut, daß der Mister so ein Dingen mieten möchte. Es handele sich um ein Pilotprojekt erklärt sie, noch in der Testphase, und kostenlos sei das Angebot, für jedermann verfügbar, nicht etwa nur für mobilitätseingeschränkte Personen. Man gibt auf dem Panel das Abfluggate ein und ab geht die Luzie. Einen dezenten Warnton von sich gebend tuckert der Stuhl los, bremst und umfährt Hindernisse eigenständig und ist schneller als die parallel verlaufenden Laufbänder.

Niemand sonst nimmt die Dienstleistung hier in Anspruch und so ist der Mister die Attraktion von Schiphol. Von leisem Glöckchenbimmeln begleitet rollert er voran. Auf einem der Laufbänder mache ich ein Video, wie er hochzufrieden grinsend auf seinem klingelnden Thron sitzt, und verpasse dabei das Ende des Laufbands. Slapstickartig herumstolpernd kann ich gerade noch verhindern, mitsamt Drohne, Videokamera und diversem anderem Zerbrechlichen in meinem Rucksack eine Bodenprobe zu nehmen. Oha, sagt der Mister, und meint, daß ich den Stuhl wohl dringender gebraucht hätte als er.

Das Teil parkt am Zielgate besser rückwärts ein, als ich das gekonnt hätte, und wartet dort 20 Minuten auf neue Gäste. Bleiben die aus, fährt es eigenständig zur Dockingstation zurück, was wir gern gesehen hätten. Der Anblick eines leeren Rollstuhls, der allein durch den Flughafen fährt, muß ähnlich gruselig sein wie die selbstfahrenden Waymos in San Francisco. Aber bis dahin hat unser Boarding bereits begonnen. Nächstes Mal mehr Umsteigezeit, das steht fest.
Der Flug verläuft insgesamt unauffällig, aber im Entertainmentprogramm entdecke ich eine kleine Perle, die ich diesem Forum keinesfalls vorenthalten möchte, denn: It’s Florida, Man!
https://www.youtube.com/watch?v=TAkBkyTA5Eo
Die Episoden, in Form einer Anthologie-Serie, zeigen wahre Begebenheiten, die sich (natürlich) in Florida abgespielt haben, und die so skurril sind, daß sie allesamt das Etikett „Florida-Man“ verdienen. Neben den Spielszenen kommen auch die realen Personen in Interviews zu Wort, was gut ist, denn manches ist schier unglaublich und die Phantasie reicht kaum aus, sich vorzustellen, daß das wirklich so passiert sein soll.
Ich fühle mich jedenfalls bestens unterhalten und wie meistens bei Tagesflügen gen Westen bin ich bei der Ankunft in Los Angeles überhaupt nicht müde, aber das ändert sich schnell.

Es ist trotz Anfang April bereits sehr warm in Los Angeles, richtig schwül. Wir müssen ewig an der Immigration anstehen und es ist unfaßbar langweilig. Das einzig Spannende: Die Frau vor uns in der Schlange kann scheinbar nicht lesen und filmt die Immigration-Halle mit ihrem Handy. Ich warte sekündlich darauf, daß sie rausgefischt und abgeführt wird, aber offenbar fällt das niemandem auf.
Nach fast zwei Stunden Anstehen sind wir dran, erst nur kurze Fragen, aber immer, wenn das Thema Layover und nach drei Tagen weiter nach Tahiti aufkommt, werden die Officer neugierig. Schon beim letzten Mal kannte der Beamte sich aus und auch dieser will genau wissen, welche Inseln wir besuchen werden. Dann sind wir aber drin, die Koffer stehen schon irgendwo neben dem Band, sind aber beide da und intakt, also auf zum Bus, der uns zum LAX-it bringt.
Am LAX-it diesmal ein Taxifahrer, der keinerlei verbale oder nonverbale Unmutsäußerungen von sich gibt, als wir die Adresse angeben, die unterhalb der Minimum-fare liegt, dafür bekommt er dann auch ein bißchen mehr Trinkgeld.
Und dann sind wir da, die Travelodge hat uns wieder, der Pool leuchtet im Sonnenschein. Leider bekommen wir nicht unser Wunschzimmer, das ist offenbar belegt durch zwei Landsleute, deren Enduros mit deutschem Kennzeichen vor der Tür abgestellt sind. Aber wir bekommen ein Zimmer mit Blick auf den Pool, die Circle K-Tankstelle und der Chick-fil-a auf der anderen Seite des Pacific Coast Highway stehen noch, wir haben alles, was wir brauchen und sind erstmal einfach nur happy.

Der erste Gang gebührt immer dem Mister zur Circle K, Getränke und Snacks, und dann ist Abhängen für Fortgeschrittene angesagt. Sonne und Ruhe tanken am Pool und im Zimmer, erstmal runterkommen vom Vor-Urlaubs-Streß, vorfreuen, wie sich das gehört.
Der erste Tag vergeht mit Räkeln am Pool und vorm Fernseher. Es läuft anstelle der geliebten Neighborhood Wars zwar eine ziemlich langweilige Serie über Trödelhändler, die unbezahlte Lagerräume aufkaufen ohne den Inhalt zu kennen, Storage Wars heißt das, sozusagen das Gegenteil von Bares für Rares. Wir verlegen uns auf true crime-Sendungen, futtern Hähnchenburger und Salat, zur Einstimmung auf die nächste Etappe natürlich mit Polynesian Sauce.
Aber noch sind wir zwei Tage hier, und bevor wir uns Stück für Stück immer weiter von der Zivilisation entfernen werden, gebe ich mir erst nochmal die volle Dosis Großstadt.

























