Am nächsten Morgen geht es weiter gen Süden. Wir verlassen Miami Beach mit einem letzten Blick vom Balkon. Jetzt, wo wir abreisen, läßt der Wind langsam nach, war ja klar.
Wie viele andere Männer ist auch mr.minolta der Meinung, daß es eigentlich seiner unwürdig sei, ausgerechnet in einem USA-Urlaub irgendwas unter 300 PS geschweige denn einen Kompaktklassewagen zu fahren. Aber der Toyota iA erweist sich tatsächlich als Packesel, für den verhältnismäßig kleinen Wagen ist der Kofferraum erstaunlich geräumig und wir bekommen unsere Koffer und sämtliche Walmart-Neuanschaffungen problemlos hinein.
Im Chaos des Auszuges ist zwar meine brandneue Speicherkarte im Lexington zurückgeblieben, aber da noch kein Foto darauf war, ist der Verlust zu verschmerzen und außerdem habe ich das zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht bemerkt. Also fahren wir gut gelaunt los. Weil wir ein bißchen Landschaft gucken wollen, vermeiden wir den Turnpike und fahren durch Miami Downtown und seine schönen Alleen hinaus aufs Land.
Eine erste Pause gibt’s in Homestead, wo wir einen Burger essen, dann geht’s weiter hinaus auf die Keys.
Durch die vielen Ampeln zwischen Miami und Homestead kommt der Verkehr nicht so richtig in Fluß, aber auf dem Overseas Highway merkt man wieder deutlich, daß das Fahrverhalten der Amerikaner sich verändert hat. Obwohl wir immer am oberen Limit fahren, werden wir ständig überholt, auch im Überholverbot, wer nicht überholt, fährt dicht auf und drängelt. Geschwindigkeitsbegrenzungen scheinen keinen großen Geist mehr zu scheren, auch wird auf Schildern und unter Androhung einer über 100 Dollar hohen Fine auf das Rechtsfahrgebot für langsamere Fahrzeuge hingewiesen. Wir gucken erstaunt. Ich verstehe nicht so ganz, wie man auf manchen Strecken ein Rechtsfahrgebot vorschreiben kann, wenn die Gestaltung der Highways darauf ausgerichtet ist, daß es bislang so etwas nicht gab und sich auf den Mittelstreifen immer wieder Ladenzeilen, ganze Wohnblöcke und anderes befinden. Wie soll man die denn erreichen, ohne zuvor auf der linken Spur vor dem Ausfahren entsprechend abzubremsen? Wenn dies aber gleichzeitig die Spur für die schnelleren Fahrzeuge sein soll, paßt für mein Verständnis da etwas nicht zusammen, und es ist vorprogrammiert, daß man sich gegenseitig behindert.
Eine solche Stelle ist zum Beispiel das Shell World auf Key Largo. Die Einfahrt zu dem Souvenirshop liegt ein bißchen versteckt auf dem Median, wenn man es weiß, erkennt man das rosagrüne Schild aber bereits von weitem.
https://www.miami.com/things-to-do-in-m ... re-192544/
Hier haben wir beim letzten Besuch ein paar schöne Erinnerungsstücke gekauft und wollen mal wieder gucken. Das Ausfahren gelingt auch ohne angehupt zu werden, und wir stöbern ein bißchen im Laden herum. Schöne Sachen haben sie hier, auch wenn die vielen Muscheln und Sanddollars sicher nicht aus Florida stammen, sondern vermutlich eher von den Philippinen oder was weiß ich woher. Insgesamt sind die Souvenirs aber der gehobenen Kategorie zuzurechnen, wenig Plastik, aber die Preise sind auch entsprechend und die gleiche Begeisterung wie beim ersten Besuch, als ich den Laden hätte halb leerkaufen mögen, stellt sich diesmal nicht wieder ein. Was ja auch seine Vorteile hat.
Wir sind ziemlich gut in der Zeit und beschließen einen kleinen Abstecher in den Pennekamp State Park und einen Spaziergang durch die Mangroven zu machen. Vielleicht haben wir Glück und sehen ein verspätetes Manatee oder einen kleinen Hai. Aber wir haben Pech und sehen gar nichts, denn der Mangroven-Boardwalk ist nach den Schäden durch Irma 2017 immer noch geschlossen. Nun kosten die State Parks ja immer einen kleinen Obolus Eintritt und wo wir jetzt schon einmal da sind, wäre es blöd, einfach wieder zurück auf den Highway zu fahren, so daß wir zumindest einen kleinen Rundweg durch den Wald gehen.
Eingehüllt von den fremdartigen Gerüchen der permanent ablaufenden Fäulnisprozesse des Subtropenwaldes, die sich von denen eines deutschen Frühlingswaldes ja doch ein bißchen unterscheiden, ist es, als wäre mein letzter Tag auf La Digue im Witwenreservat gerade erst gestern gewesen, es ist ein richtiger Erinnerungsflash. Herrlich, jetzt fehlt nur noch ein offenes Laubfeuer und ein Schluck Rum.
Während wir langsam herumgehen, kommt die Sonne heraus und mit ihr die kleinen Rotkehl-Anolis. Wir halten uns eine ganze Weile hier auf, da die Tiere zunehmend die Scheu verlieren und sich immer besser fotografieren lassen.
Danach geht es zurück auf den Overseas Highway, an dem entlang sich die größeren Keys wie Perlen an einer Schnur aufreihen. Parallel dazu verläuft die alte Trasse der Florida East Coast Railway, die seit 1935 nicht mehr in Betrieb ist und langsam von der Natur erobert wird. Auf der 7 Mile-Bridge der unverwüstliche Fred mit Fred junior, zwei Kasuarinen, die sich insbesondere nach den Verwüstungen, die Hurrican Irma 2017 hinterlassen hat, zu einem kleinen Nationalsymbol der Keys ausgewachsen haben und vermutlich einer steilen Karriere als öffentliche Weihnachtsbäume entgegengehen. Aus „Guck mal, da wächst was!“, wie wir vor 5 Jahren im Vorbeifahren noch ausgerufen haben, ist inzwischen ein Baum mit Namen und Fanpost geworden. Wer Fred schreiben möchte, er hat eine eigene Facebookseite. Wie ich gelesen habe, antwortet er sogar:
https://www.facebook.com/FredtheTree1/
